Architektur ist nur der Hintergrund

Zu einem angeblichen Zitat von Herman Czech *

Architektur muss oft als Kulisse für beworbene Produkte herhalten. Wir brauchen nur das Fernsehgerät einzuschalten und die Werbespots zu verfolgen.

Hier fährt ein „schnittiges“ Cabrio durch Häuserschluchten einer amerikanischen Großstadt und hält vor einem Hochhaus mit blitzender Glasfassade, dort steht die beworbene Speck-Jause auf einem Holztisch im Freien, dahinter duckt sich ein Tiroler Bauernhaus in die Almweide und zeigt und seine verwitterte Holzfassade.

Da wird für ein italienisches Knuspergebäck geworben, zugleich grüßen uns der Campanile des Giotto und Brunelleschis Domkuppel aus Florenz.

Auch Archäologisches eignet sich hervorragend für Werbung. Dürre Modells aalen sich an dicken, sonnenbeschienenen Säulentrommeln antiker Tempelruinen und präsentieren die neueste Bademode, oder Sakrales: der Wiener Stephansdom winkt seit Jahrzehnten von der Mannerschnittenpackung. Überall Architektur.…..

Auch Innenarchitektur oder Teile davon sind unabdingbar in der Werbung. Welches WC-Reinigungswundermittel glänzt nicht im chicen Bad vor einer Fliesenwand, meist in Hochglanz- Blau, um die Meeresfrische einzusuggerieren. Sieht man genau hin, kann es schon passieren, dass sich die Fliesenaufteilung nicht ausgeht, hässliche Restflächen treten zutage und die Perfektion ist „beim Teufel“. Da im Fernsehen aber alles so blitzschnell abläuft, fällt es den meisten Betrachtern gar nicht auf. Die Reizüberflutung killt die scharfe Beobachtung.

Aber nicht nur in der Werbung gibt Architektur den Hintergrund ab. Sie hilft zum Beispiel bei den TV-Nachrichten, Inhalte zu „verbildlichen“.

Geht es um eine Gerichtsreportage, wird das Gebäude der Staatsanwaltschaft mit mächtigen Steinsäulen, welche das Portal einrahmen, eingeblendet. Wird über eine Gesetzesänderung berichtet, kommt Theophil Hansens Parlament ins Bild. Handelt ein Beitrag vom Euro, wird die Brüsseler Tintenburg hergezeigt, (oft mit vielen wehenden Fahnen davor). Bei Bank-Pleiten wird das Bankgebäude eingeblendet, obwohl es für die Pleite gar nichts dafür kann.

Auslandkorrespondentinnen stellen sich gerne vor das Kolosseum, den Eiffelturm, die Akropolis, (in letzter Zeit besonders oft), den Deutschen Reichstag, das Weiße Haus oder das Brandenburger Tor. Berichte über kriegerische Auseinandersetzungen, vornehmlich solche im Nahen Osten, werden auch von Architektur begleitet, aber von zerstörter, zerschossener, verletzter, vor Ruinen.

Architektur hilft also, Informationen „sichtbar“ zu machen, Kauflust hervorzurufen, Appetit auf dieses und jenes zu bekommen.

Architektur ist der Hintergrund, nur der Hintergrund?

*) wichtiger Österreichischer Architekt der Gegenwart

Artikel in „NÖ Gestalten Nr. 138“