Land der Äcker, Land der Dome ...

„NÖ gestalten“ heißt nicht nur die Bausubstanz zu gestalten, es heißt auch die Landschaft zu gestalten und somit auch die Verkehrsbänder ,bisher ein vernachlässigtes Feld der Gestaltung. Wir rühmen unser Fremdenverkehrsland, zu Recht, aber wie lange noch? Vor lauter Lärmschutzwänden wird dem Besucher oft nur ein kurzer Blick auf so manch Herzeigbares ermöglicht. Daher im Folgenden ein paar Gedanken zu diesem Thema:

Als eingesessener Herzogenburger nutze ich gerne das Naherholungsgebiet Traisen-Au und radle mehrmals wöchentlich in der herrlichen Flusslandschaft umher, um dem vorschnellen Verfall meines bürogeschädigten Körpers zu trotzen.

Nachdem ich die Stadt hinter mir gelassen habe, führt mich der Weg unter der Schnellstrasse S33 Richtung Traisen-Fluss Und da beginne ich stutzen: War früher der Schnellstrassendamm mit dichter Bepflanzung bedeckt, wurde in letzte Zeit“ auf Teufel komm raus“ gerodet und eine grausliche Lärmschutzwand errichtet. Man glaubt ,man ist im Gaza-Streifen, wo die Israelis ähnliche Wände errichten, damit die Palästinenser nicht zu ihnen herüber kommen können. Bei uns will man den Autolärm nicht rüberkommen lassen, aber was ist da herüben, Auwald, nichts als Auwald

Es gibt die Lärmschutzwände auch an vielen Stellen ,wo dahinter keinerlei menschliche Behausungen sind, nicht einmal ein Hochstand ist zu sehen, auf dem ein stressgeplagter Städter als Weidmann auf den brunft-depperten Rehbock wartet, nur Au , nichts als Au …… und eine Lärmschutzwand.

Die ästhetische Komponente der Lärmschutzwände ist mannigfaltig, schier unbegrenzt, die Gestaltungsvielfalt enorm. Fährt man durch Niederösterreich, so findet man hölzerne ,horizontal und vertikal geflochtene ,blecherne, gelochte,geriffelte, gerade, gebogene, welche aus Beton, bemalte, bedruckte ( im Most-Viertel sind Birnen drauf, an der Donau hab ich auch schon fotografierte Weintrauben gesehen )mit Grün überrankte oder nackte und stellenweise- aber nur ganz selten- durchsichtige.

Letztere sind an jenen Stellen angebracht, an denen der (die) kulturinteressierte Beifahrer(in) in den Genuss der Ansicht eines Baudenkmales oder dergleichen kommen soll, aber eben nur ganz kurz, denn diese „Fenster“ in die Landschaft hinaussind klein und erlauben nur das kurze optische Erhaschen eines Klosters oder einer Stadt. „War das jetzt Herzogenburg? Oder sind wir eben an Melk vorbeigerast?“ fragt sich wahrscheinlich ein nur mäßig gut vorbereiteter Autotourist , wenn der in den Blechschluchten der Schnellstrassen und Autobahnen unterwegs ist.

Wie heißt es in der Bundeshymne? Volk begnadet für das Schöne. Wennansprechende Gestaltung auch vor Verkehrsbauwerken nicht halt machen soll, so liegt der von mir schon öfter strapazierte Schluss nahe, dass hier Paula von Preradovic (die Texterin der Hymne) gewaltig geirrt hat. Wo ist das Land der Berge, wo der Strom, wo der Dom?

Na hinter der Lärmschutzwand!

Artikel in „NÖ Gestalten Nr. 130″